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Was verändert sich als Mutter?

Was verändert sich als Mutter?

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…oder: Wie mich die Geburt meines ersten Kindes zur Feministin machte.


Dass mit der Geburt eines Kindes alles auf den Kopf gestellt wird, das muss ich keinem erklären. Wie viel sich aber für die Frau dabei verändert, darüber wird unzureichend gesprochen und geschrieben. Wer “Was verändert sich als Mutter?” bei Google eingibt, liest vor allem romantisierende Erfahrungsberichte: Vom ersten “Mama” bis hin zur tiefsten Liebe, die man überhaupt empfinden kann. Mein erstes Jahr als Mutter ist bald rum. Zeit ein ereignisreiches Jahr Revue zu passieren. Zeit auch die Dinge zu benennen, die davor so viel einfacher waren.

  1. Der Umgang mit Zeit

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Jeder lebt nach ihr und keiner hat sie. Vor der Geburt unseres Kindes dachte ich, ich hätte keine. Arbeit, Sport, Events, soziale Kontakte - ich hatte keine Zeit. Heute weiß ich, ich hatte alle Zeit der Welt. Denn ich war die einzige, die über diese Zeit verfügte. Heute spielt alles im Takt meines Kindes. Meine Zeit ist seiner Zeit untergeordnet. Schlägt er die Augen auf, lasse ich alles stehen und liegen, solange, bis er wieder in den Traum sinkt. Um so effektiver nutze ich die wenige Zeit, die ich habe. Die meisten Mütter könnten wahrscheinlich Seminare zum Thema Zeitmanagement und effizientes Arbeiten geben. Obwohl ich bereits vor der Geburt unseres Kindes meinen Tag ausgesprochen effizient organisiert hatte – das ist Teil des Profils eines Freiberuflers, der ortsunabhängig arbeitet – staune ich heute allzu oft über meine Effizienz. Unfassbar wie viel ich in kürzester Zeit abarbeiten kann.

2. Der eigene Körper als Tempel

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Ein Kind auszutragen, es zu gebären und mit der Kraft des eigenen Körpers zu nähren, verändert die Einstellung zum eigenen Körper. Heute ziehe ich den Hut vor jeder Frau, die ein Kind ausgetragen hat. Was diese Reise dem weiblichen Körper abverlangt, das war mir vor der Mutterschaft nicht bewusst. Zwei bis drei Jahre – je nach dem, wie lange eine Frau stillt – verfügen wir Frauen nicht allein über unseren Körper. Mir müssen verzichten, wir müssen unsere Lebensweise ändern – unser Körper ist Heim und Kost für einen anderen Menschen.
Ich bin stolz auf ihn, stolz auf das, was er erbracht hat. Über seine Makel sehe ich nun hinweg, sie können mit dem, was er hervorgebracht in keinster Weise konkurrieren. Das bedeutet aber auch, dass ich mehr auf ihn achte. Ihn gut ernähre, ihn mit Sport stärke. Unser Körper ist der Tempel unserer Seele und er verdient es wie ein Tempel behandelt zu werden – und das von Geburt an. Ich bin dankbar für diese Erkenntnis. Dankbar, dass ich sie jetzt machen durfte und nicht später.

3. Du bist, was du isst

Ich habe mich schon immer sehr gesund und bewusst ernährt. Nichtsdestotrotz hat mit dem ersten Lebensjahr meines Kindes und der Einführung von Lebensmitteln, sich auch viel in meiner Ernährung verändert. Einige Beispiele: Statt Weizenmehl verwende ich zum Backen nur noch Dinkelmehl, statt Kuhmilch nutze ich Ziegen- oder Schafsmilch und raffinierten Zucker sucht man in unserer Küche vergebens. Dattelsüße, Kokosblütenzucker oder reife Bananen liefern die gewünschte Süße. Ich laufe lokal und esse saisonal. Überhaupt habe ich den Konsum von tierischen Produkten deutlich reduziert, wo wir auch bei Punkt 5. wären.

4. Nachhaltigkeit ist keine Alternative, sie ist Pflicht

Viel zu selten machen wir uns Gedanken darüber, was nach uns kommt. Dass die Welt sich nach unserem Ableben auch noch weiter drehen wird, ist uns klar. Und wie wir sie hinterlassen? Auch, dass sollte und bewusst sein. Ein Kind führt einem das vor Augen. Schließlich sorgt man sich als Eltern auch um die Zukunft seiner Kinder. Was für eine Luft werden sie atmen? Werden sie noch in den Genuss eines wild gefangenen Fisches kommen können? Werden sie in vier Jahreszeiten leben, mit Schnee im Winter?
In der Konsequenz habe ich mein Konsumverhalten geändert. Heute kleide ich mich viel öfter in Vintage. Ich kaufe weniger aber dafür hochwertiger. Lieber kaufe ich unverpackt oder plastikfrei ein und achte bei meinen Lebensmitteln auf die Herkunft.

5. Warum ich heute Feministin bin

Es ist traurig aber wahr: Wie leben im 21. Jahrhundert und immer noch ist es die Frau, die den Kürzeren zieht. Hierzulande lockt man Paare mit Elterngeld und Elternzeit, um Kinder zu kriegen. Fakt ist, am Ende sind es die Mütter, die finanziell einbüßen. Einen Kita- oder Kindergartenplatz zu ergattern, gleicht einem Gewinn im Lotto. Und wie viele Paare kennt ihr, bei denen der Mann nach der Geburt des Kindes in Teilzeit gegangen ist?
Ich bin Freiberufler und seit der Geburt unseres Kindes, fängt mein Tag um 7 Uhr an und er endet in der Regel um 3 Uhr Nachts. Keine volle Stelle ist so voll wie mein Tag. Dass ich heute nicht nur arbeiten will, sondern muss, liegt an den stetig steigenden Lebenshaltungskosten. Mit einem Gehalt kommt eine Familie geradeso über die Runden, für Extras bleibt da nichts übrig. In einigen Städten braucht es sogar zwei Gehälter, um die nötigsten Kosten zu decken – acht Jahre München haben mich das gelehrt. Wer eine dritte Person zu versorgen hat, der braucht eigentlich mehr Geld. Doch wie soll ich plötzlich mehr verdienen, wenn ich weniger arbeiten kann? Als Freiberufler, der zu 100 % ortsunabhängig arbeitet, kann ich mich glücklich schätzen, dass ich meine Zeit frei einteilen kann. Und so lange meine Energie es zulässt, verlagere ich mein Office in die Nacht.
Wir Frauen sind es die im Endeffekt ihre Stelle reduzieren, die auf ihre Karriere verzichten müssen und die sich allzu oft ausnutzen lassen, aus Sorge gekündigt zu werden. Neben der Arbeit im Job leisten wir unbezahlte Arbeit im Haushalt – Überstunden, die keiner zählt. Arbeit, die immer noch unzureichend honoriert wird, mal abgesehen von der finanziellen Kompensation.

“Weltweit erbringen Frauen und Mädchen jedes Jahr Pflege- und Sorgeleistungen, die das Vermögen der Superreichen bei Weitem übersteigen. Doch während der Reichtum der Einen ins schier Unermessliche steigt, leben Frauen häufiger in Armut.”
— Dr. Ellen Ehmke, Analystin für soziale Ungleichheit bei Oxfam

Weitere traurige Zahlen und Fakten dazu könnt ihr in der neuesten Studie zur sozialen Ungerechtigkeit von Oxfam nachlesen.

Was hat sich für euch mit der Mutterschaft geändert? Haben diese Veränderungen überhaupt etwas mit dem Muttersein zu tun oder ist es das Alter? Ich bin gespannt auf eure Meinungen und eure Erfahrungen.

 

…or: How the birth of my first child made me a feminist.

The birth of a child turns everything upside down, obviously. How much it changes for women is not sufficiently discussed and written about. Anyone who googles "What changes as a mother?" will read romanticising testimonials: from the first "mum" to the deepest love one can ever feel. My first year as a mother is almost over. Time to review an eventful year. Time to name the things that were so much easier before.

  1. Dealing with time

Everybody lives by it and nobody has it: time. Before our child was born, I thought I had no time. Work, sports, events, social contacts - I had no time. Today I know I had all the time in the world. Because I was the only one who was entitled to decide on that time. Today, everything plays in his time. My time is secondary, his time is primary. When he opens his eyes, I stop everything… until he sinks into his dreams again. The more effectively I use that little rest of time I have for myself and with myself. Most mothers could probably hold seminars on time management and efficient working. Although I had already organised my day extremely efficiently before our child was born - as a freelancer you cannot be successful otherwise - today I am even more efficient. It's unbelievable how much I can work off in the shortest time.

2. Our bodys are our temples

Carrying a child, giving birth to it and nourishing it with the power of your own body changes your attitude towards your body. Today I feel deepest respect for every single woman who has carried a child. I was not aware of the journey the female body goes through this part of a woman’s life. For two or three years - depending on how long a woman breastfeeds - we share our body with another human being. We have to give up, we have to change our way of life - our body is home and food for another person. I am proud of him, proud of what he has achieved. But that also means that I pay more attention to him. Feed him well, strengthen him with sport. Our body is the temple of our soul and it deserves to be treated like a temple - from birth on. I am grateful for this insight. Grateful that I was allowed to do it now and not later.

3. You are what you eat

I have always had a very healthy and conscious diet. Nevertheless, with the first year of my child's life and the introduction of food, a lot has changed in my diet. Instead of wheat flour, I use e.g. spelt flour for baking, instead of cow's milk I use goat's or sheep's milk and refined sugar has been banned from our kitchen. Date sweetener, coconut blossom sugar or ripe bananas provide the desired sweetness. In general, I have significantly reduced the consumption of animal products, but let me explain more on that in point 5.

4. Sustainability is not an alternative, it is a duty

Far too seldom we give thought to what comes after us. We know that the world won’t stop after we die. But do we know in what condition we will leave it? We should be aware of that, because we can influence it. A child makes you realize that. After all, as a parent you also worry about the future of your children. What kind of air will they breathe? Will they still be able to enjoy a wild-caught fish? Will their years have four seasons, with snow in winter? As a result, I have changed my consumer behaviour. Today I dress in vintage clothes much more often. I buy less but higher quality. I prefer to buy unpackaged or plastic-free and pay attention to the origin of my food.

5. Why I’d call myself a feminist today

It's sad but true: we are living in the 21st century and it is still the woman who gets the short end of the stick. In Germany, couples are lured with parental benefits and parental leave to have children. The fact is, in the end it is the mothers who lose out financially. Getting a place in a daycare or kindergarten is like winning the lottery. And how many couples do you know where the husband went part-time after the birth of the child? I am a freelancer and since the birth of our child, my day starts at 7 am and usually ends at 3 am. No fulltime job is as full as my day. The fact that I don't just want to work today, but that I have to, is due to the constantly rising cost of living. With one salary, a family can just about make ends meet, there is nothing left for extras. In some cities, it even takes two salaries to cover the most necessary costs - eight years in Munich have taught me that. If you have to take care of a third person, you actually need more money. But how can I suddenly earn more when I can work less? As a freelancer who works 100% remote, I can consider myself lucky to be able to divide my time freely. And as long as my energy allows it, I move my working hours into the night. It is us women who end up reducing their jobs, who have to give up their careers and who are all too often exploited. In addition to the work on the job, we do unpaid work in the household - overtime that nobody counts. Work that is still insufficiently rewarded, apart from financial compensation.

“Every year, women and girls around the world provide care and nursing services that far exceed the wealth of the super rich. But while the wealth of some is vast, women more often live in poverty.”
— Dr. Ellen Ehmke, Analyst for social inequality at Oxfam

More sad facts and figures can be found in the latest Oxfam study on social injustice.

What has motherhood changed for you? Do these changes have anything to do with motherhood or is it changes we make and realize with our age? I am curious about your opinions and experiences.

Vielfalt im Kinderzimmer: tebalou

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